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Diplomarbeit

SS 88
"GEGENSÄTZE" INTERNATIONALES UMWELTZENTRUM BASEL

 

Das Hauptthema der Diplomarbeit heißt Gegensätze, dazu wurde zuerst in einem Seminar versucht, das Thema aufzuarbeiten, später dann unter diesem Gesichtspunkt ein Objekt und der dazugehörige Standort ausgewählt. Das Thema war der Auslöser für meine Idee ein Umweltzentrum zu planen, was es in dieser Form noch nicht gibt. Und zwar soll dies ein Ort sein, an dem Verbraucher, Industrie und Ökologen aufeinandertreffen. So etwas darf keinen alternativen Touch haben, denn dann ist die Hemmschwelle für den sogenannten Normalbürger und bei der Industrie sowieso zu groß.


Jetzt gilt es eine Stätte zu schaffen, die keine Vorurteile aufkommen läßt und somit eine bestimmte Bevölkerungsgruppe abschreckt, es soll sozusagen eine neutrale Hülle werden für bestimmte Aktivitäten, wie z.B. Vorträge, Messen, Filmvorführungen, Diashows, Videos, die alle mit dem Thema Umwelt zu tun haben. Dazu gehört dann auch Literatur zu den jeweiligen Themen,die man dort studieren kann.


Dies ist der offene Teil, der nicht durch Räume abgetrennt ist, sondern eher den Charakter einer offenen Halle hat. Der andere Teil des Zentrums beinhaltet Seminarräume für die Schulung und Tagungen bzw. Konferenzen. Dieser Bauteil hat ganz andere Voraussetzungen zu erfüllen, da eine gegenseitige Störung ausgeschlossen werden muß. Das bedeutet eine schwere Bauweise (Schotten) im Gegensatz zu der leichten Stahlkonstruktion für die offene Halle.


Nun sollen dort vor allem Burger an die Problematik herangeführt werden, ohne daß sie ideologisch überfrachtet werden. So wird dort eine Verbraucherberatung anwesend sein und auch die verschiedenen Organisationen ihre Euros haben, und direkt in das Geschehen eingreifen können und sich untereinander austauschen.


Dies sind natürlich Vorstellungen, die in die Architektur einfließen können, aber man nichts erzwingen kann, es muß natürlich auch von den Leuten gewollt werden. Da kann der Architekt noch so ausgetüftelte Systeme entwickeln, schlußendlich werden die Benutzer das Gebäude bestimmen. Ich kann dazu eine Anregung geben und möglichst viele Freiräume bieten, um es vielseitig nutzbar zu machen und nicht auf ewige vorbestimmt und damit auch unflexibel zu gestalten.


Nun hieß es dazu ein passendes Gelände zu finden. Eigentlich gab es für mich nur einen Ort, an dem sich die Problematik so deutlich abzeichnet, und zwar die Verknüpfung von Industrie und ihren Bewohnern, die von ihr unmittelbar abhängig ist: d.h. sehr viele Einwohner finden hier ihren Arbeitsplatz, gleichzeitig sehr stark das kulturelle und soziale Leben finanzkräftig unterstüzt.


Zweifel und Unsicherheit machen sich breit, das Vertrauen in "ihre Chemische" ist grundlegend erschüttert und zaghafte Kritik macht sich breit. Anders bei den Alternativen Gruppierungen, die sich eine Nische geschaffen haben, und ihre eigenständige Kultur zu leben versuchen (was an einer Volksentscheidung im Mai 1988 gescheitert ist).


Diese Probleme sind nicht nur auf die Stadt begrenzt, sondern betrifft die angrenzenden Lander ebenso. Dieser Ort ist nicht schwer zu erraten: Basel ist für mich ein Symbol von diesen Gegensätzen.

Es ist äußerst günstig an den internationalen Verkehr angebunden, es besitzt einen deutschen (Badischer Bahnhof), einen schweizerischen (SBB) und einen französischen (SNCF) Bahnhof innerhalb der Stadtgrenzen, sowie einen Flughafen (Basel-Mulhouse) auf französischem Territorium. Nicht zu vergessen der Autobahnknotenpunkt der Regio.


Das eigentliche Grundstück liegt verkehrsmäßig sehr günstig und ist über die überregionale Dreirosenbrücke schnell zu erreichen und leicht aufzufinden, da das Gelände schon von Weitem sichtbar ist.


Und zwar liegt das Grundstück, das ich für meine Aufgabe ausgewählt habe , an der Nahtstelle zwischen mittelalterlichem Stadtkern und industriellen Großanlagen; direkt am St.Johanns-Tor, einem aus dem Mittelalter stammenden ehemaligen Stadttor, das die Stadt nach Norden hin abschloß zum heutigen Frankreich (Elsaß). Außerhalb dieses Stadttors beginnt das St.Johanns-Quartier, das früher eigentlich der Ort für alles war, was man in der Stadt nicht brauchen konnte, z.B. die Tierleichenhalde und auch der Galgen der Stadt stand dort. In neuerer Zeit hat sich das Viertel zu einem Arbeiter- und Industriequartier entwickelt. Da die Lage zum Rhein sehr günstig ist, wurde dort der Rheinhafen angelegt, und die Industrie dort angesiedelt. Eigentlich ist die chemische Industrie mit ihren Schornsteinen überall im Stadtgebiet anzutreffen, nur hier im Norden und Westen der Stadt sehr konzentriert.


Das Grundstück selbst liegt verkehrstechnisch recht günstig, es ist von Frankreich und Deutschland über die jetzt schon überregionale Dreirosenbrücke im Norden zu erreichen; dies erleichtert die Auffindbarkeit einer solchen Stätte natürlich enorm, da sie ja nicht nur von den Quartierbewohnern genutzt werden soll, sondern überregional arbeiten möchte.


Das Gelände gehörte früher dem Schlachthof, deren Gebäude im Moment abgerissen werden und der Alten Stadtgärtnerei, deren Treibhäuser und Gebäude sich die Alternativen Gruppen zu einem Volks- und Kulturpark gestalteten. Diese wurden im Juni 1988 unter Polizeieinsatz geräumt, die Treibhäuser gewaltsam zerstört, um einem geplanten Grünpark Platz zu machen.


Diese Planung geht auf den Anfang der 70er Jahre zurück und wurde wegen der Ölkrise bis auf heute eingestellt. Aus dieser Zeit stammt auch die Planung des Johanniter- Altenheim, und der soziale Wohnungsbau in unverhältnismäßigem Maßstab.


Nun habe ich es mir zur Aufgabe gemacht auf dem abgeräumten Gelände, im Hinterkopf den geplanten Grünpark, das Umweltzentrum zu integrieren und einige Rand bedingungen zu beachten.


Da war mir einmal der Baumbestand wichtig: es gibt eine dreireihige Lindenallee an der Rheinpromenade, die eine ziemlich starke räumliche Wirkung erzeugt., dann die Rheinschanze mit dem angrenzenden Park, die alten Bäume an der ehemaligen Schlachthofvilla.


Ich habe das Gelände untersucht auf erhaltenswerten Baumbestand und konnte so die Negativräume feststellen, in denen ich nicht bauen wollte. Ebenso war es mit den Blickbeziehungen, die ich nicht verbauen wollte. So konnte das Gebiet schon etwas eingegrenzt werden. Da das Stadttor und das ehemalige Badehaus neu hergerichtet wurde und eine Bereicherung des Quartiers darstellt, wollte ich diese Wirkung nicht beeinträchtigen.


Der Rhein ist ebenso ein bestimmendes Element, der wieder erlebbar gemacht werden muß, denn im Moment liegt das Gelände 12 m darüber, d.h. Ich modelliere das Gelände so, daß ich wieder einen Bezug sehen kann.


Auf dem Gelände sind große Kontraste zu bemerken, einmal im Hintergrund die großen neuen Baukörper mit dahinterliegender Großindustrie, z.B. die Müllverbrennung mit ihrem 100 m hohen Schornstein, die Chemiekonzerne Sandoz, Ciba-Geigy etc. und andererseits die mittelalterliche Kleinstruktur.

Jetzt galt es, an diese Nahtstelle ein Gebäude zu setzen, das dem Rechnung trägt. Da das Quartier im Großen und Ganzen orthogonal gegliedert ist, habe ich die Kanten im Gebäude aufgenommen und gleichzeitig die wechselnde Orthogonalität mit einbezogen, die direkt am Gelände mit der Altenwohnanlage beginnt. Diese sich überlagernden Strukturen haben die Richtung des Gebäudes bestimmt. Gleichzeitig ist die Nord-Süd Orientierung ebenso relevant, zumal ich einige Sonnenkollektoren mit integrieren wollte. Sonst wird das Gebiet durch die Müllverbrennungsanlage mittels Fernwärme beheizt.


Durch diese vielfältigen Faktoren ist dieses Gebäude bestimmt; es soll sich harmonisch in das Gelände einfügen und mit dem Grün drumherum verzahnen, aber doch eine Signalwirkung nach außen entwickeln, wie z.B. durch den Steg mit der Plattform, die Ankündigungen und Aussicht bietet und den Turm, den man auch von der Straße aus sieht.


Die Erschließung erfolgt durch die Elsässerstraße im Westen, Fußgänger können auch von Osten, vom Park hineingelangen, Autofahrer haben die Möglichkeit in eine Garage zu fahren und von dort in das Gebäude gehen. Eine Straßenbahn hält auch fast vor der Tür!
Den Haupteingang habe ich an die Straßenseite gelegt, man kommt entweder von der City (vom Stadttor) oder von Norden und kann an einer vorhandenen Mauer entlang zum Gebäude gelangen.


Von der Eingangshalle aus teilen sich die verschiedenen Bereiche auf, einmal in Richtung Süden die Seminarräume, nach Osten in den offenen Bereich mit Saal und Emporen, als Spaziergänger läuft man die Uferpromenade entlang und kann in das Cafe ganz zwanglos hineingehen, um vielleicht doch einen Blick in die dahinterliegende Dauerausstellung zu riskieren und sich so an das Thema langsam herantasten. Vielleicht interessieren auch die Videokassetten, die man sich in der oberen Ebene anschauen kann, und wenn man gerade dabei ist vielleicht auch eine Fachzeitschrift oder ein Buch durchblättern oder gar ausleihen. Wenn eine Konferenz oder Schulung angesetzt ist, geht man vom Eingang die Freitreppe hinauf, bzw. gleich in den rechten "Arm", wo die abgetrennten Räume liegen. Die Verbraucherberatung und die Büros der verschiedenen Organisationen sind im Turm untergebracht, die entweder durch den Lift, oder durch die an der Rundung hochschwingenden Treppe zu erreichen sind.


Nun noch einmal zur Gestalt des Gebäudes:
Im Prinzip ist es ein weitausladender Baukörper, der sich mit dem Grün verzahnt, die Mauer nimmt die beiden Richtungen der Stadtstruktur auf und gliedert das Gebäude in einen ruhigen Teil, der geschlossen wirkt und einem offenen, der sich in eine Richtung öffnet.
Die Seminarräume werden durch die Solardächer bestimmt, d.h. die einzelnen Bauglieder zeigen in Richtung Süden, der Gesamte Baukörper nimmt dagegen die Richtung der Umgebung auf.


Der Turm ergibt sich aus der Form und Krümmung der geschwungenen Mauer und wird durch das geschwungene Treppenhaus weitergeführt.
Das Dach der offenen Halle ist in beide Richtungen gekrümmt, wobei dies eine Art Hülle für die reingestellten Ebenen beinhaltet. Getragen wird das Dach durch eine Stahlkonstruktion mit unterspannten Trägern.


Der Steg verbindet das Gebäude mit der Plattform, die als Zeichen am Ufer herausragt und gleichzeitig für Ankündigungen und Kurzinformationen dient. Im Ganzen gesehen wollte ich für diesen spezifischen Ort und unter bestimmten Gesichtspunkten ein Gebäude schaffen, das Voraussetzung sein kann einmal harmonisch in das Gelände eingepaßt ist und eine Art Hoffnungsträger für ein verändertes Bewußtsein für die Zukunft darstellen könnte.


Claudia Schroedter
am INSTITUT FÜR INNENRAUMGESTALTUNG UND ENTWERFEN PROF. P. SCHENK UNIVERSITÄT STUTTGART